Burgund Jahrgänge ab 2005.
Unsere Kurzbeschreibungen der letzten 19 Burgund Jahrgänge.
Die Jahrgänge im Burgund
Ausgerechnet mit dem ziemlich schwachen Jahrgang 1992 begann unsere Geschichte im Burgund. Ich habe das Burgund zwar schon früher regelmässig besucht, aber ich wollte damals unsere Weinhandlung nicht vergrössern. Sie hiess ja damals Cave Bordelaise und sie beschäftigte sich praktisch ausschliesslich mit Bordeaux (mit einer kleinen Ecke Deutschland als Hobby). Dann ergab sich die Möglichkeit, mit der Domaine Leroy zu arbeiten und das konnte ich natürlich nicht ablehnen. Die Domaine Leroy hat 1992 auch grandiose Weine erzeugt, wie übrigens auch im noch schwächeren Jahr 1994. Als das Burgund dann 1998 mit Weingütern wie Pierre Morey, Marc Morey, Angerville und Bonneau du Martray lockte, war mein Widerstand gebrochen.
Auch wenn die Jahrgangsunterschiede im Burgund aufgrund der fragilen Traubensorte Pinot Noir etwas grösser sind, so richtig schwache Jahrgänge habe ich in der Folge auch nicht mehr erlebt. Dies vor allem deshalb, weil die Spitzenwinzer akribische Traubenselektionen machen, sprich minderwertige Trauben niemals für die Weinbereitung verwenden. In schwierigen Jahren gab und gibt es somit einfach weniger Wein, das kam und kommt aber leider sehr häufig vor und nicht selten gibt es weniger als 50% von normalen Erntemengen.
Burgund Jahrgang 2022
Knapp drei Wochen haben wir im Burgund verbracht und immer wieder einfach nur gestaunt über die Perfektion dieser 2022er. So wie sich die Weine präsentieren, würde man meinen, es müssten von A bis Z einfach immer nur perfekte Wetterbedingungen geherrscht haben.
Dem war aber bekanntlich nicht so. Extreme Hitze, ganz knapp am Frost vorbei, extreme Trockenheit, sintflutartige Regenfälle etc. Den Winzern wurde übers Jahr verteilt das ganze Programm an herausfordernden Wetterkapriolen vorgeführt. Allerdings immer nur genau so, dass das nie zu nennenswerten Ertragseinbussen führte. Fast nach dem Motto «Was mich nicht umbringt, macht mich stärker» sind so Weine entstanden, über deren Vollendung man effektiv nur staunen kann.
Das Hauptmerkmal – sowohl der Rotweine wie auch der Weissweine – ist der perfekte Reifegrad. Dazu kommt eine einzigartige Spannung: In diesen Weinen steckt Energie ohne Ende. Sie erinnern stilistisch schon etwas an die 2020er, aber letztere sind vergleichsweise fast etwas brav. Die 2020er sind makellose Weinschönheiten der Extraklasse. Die 2022er haben vielleicht da und dort winzige, aber überaus faszinierende Ecken und Kanten. Und vielleicht ist es ganz genau das, dieses gewisse Etwas, das es braucht, damit man eines Tages sagen wird: Der Jahrgang 2022 ist noch grösser als 2020. Die eingefleischten Burgunder-Freaks werden trotzdem den 2021er bevorzugen. Schön ist, dass es das alles in dieser genialen Vielfalt gibt.
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Burgund Jahrgang 2021
Der Jahrgang hat superdelikate Weine mit einem unvergleichlich klassischen und eleganten Stil hervorgebracht. Es ist ein Jahrgang für alle wahren Burgund-Liebhaberinnen und –Liebhaber.
Der Jahrgang vereint zwei Qualitäten, wie wir sie in dieser Vollendung noch nie erlebt haben: Die atemberaubende Frische eines kühlen Jahrgangs mit der köstlichen Süsse von auf den Punkt gereiften Trauben. Die Weine kommen verspielt leichtfüssig daher, haben auch so wenig Alkohol wie schon lange nicht mehr, trotzdem sind sie reif. Es ist wirklich traurig, dass sie so extrem rar sind.
Kommt dazu, dass man kaum darauf hoffen kann, dass es Weine mit dieser Stilistik bald wieder geben wird. Burgunder-Liebhaberinnen und -Liebhaber sollten sich unbedingt ein paar Flaschen 2021er sichern. Die gute Nachricht ist, dass sich diese einzigartige Stilistik auch schon in den Basisweinen zeigt, man muss nicht zwingend Grand Crus kaufen, um diese berührenden Erlebnisse zu haben.
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Burgund Jahrgang 2020
Der grösste Jahrgang aller Zeiten!
Das ist eine gewagte Aussage, aber der Jahrgang ist dermassen einzigartig, dass wohl kaum jemand das Gegenteil behaupten wird. Die Liebhaber der klassischen Jahrgänge wie etwa 2010 oder 2014 werden vielleicht bei der überbordenden Aromatik der 2020er ein Härchen in der Suppe finden. Aber letztlich geht es beim Wein in erster Linie um Genuss. Und mehr Genuss als diese 2020er bieten – sowohl in Rot als auch in Weiss – kann man sich gar nicht vorstellen. Ganz klar ist, dass es noch nie in der Geschichte des Burgunds eine ähnliche Fülle an grossen Weinen gab wie 2020. Insbesondere die Bourgogne- und Villages-Weine erreichen eine Perfektion, die es zuvor noch nie gab.
Die Markenzeichen des Jahrgangs sind: immense Konzentration, wollüstig reife Frucht, gleichzeitig atemberaubende Frische – und das alles bei unfassbarer Leichtigkeit. Das gilt sowohl für Rot- wie auch für Weissweine. Die Weissen verbinden die einzigartige Rasse mit dem cremigen Schmelz in einer Vollendung, wie man sie kaum je zuvor erlebt hat. Wir sind ganz klar der Meinung, dass 2020 im Burgund eine Weinqualität entstanden ist, die es in dieser Perfektion noch nie gab.
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Burgund Jahrgang 2019
Auf einen sehr frühen Austrieb anfangs April folgte eine kühle Periode bis anfangs Juni, was die Entwicklung der Rebe etwas gebremst hat. Der Anfang der Blüte bei kühlem, nassem Wetter war sehr schwierig und führte zu Verrieselung und entsprechenden Ernteausfällen. Glücklicherweise gab es zur Blütenmitte ab Mitte Juni wieder Sonnenschein und warmes Wetter. Der Sommer war heiss und trocken. Mitte Juli, als die grünen Beeren zu wachsen begannen, gab es eine Hitzeperiode, die Beeren blieben kleiner als normal. Es gab aber immer wieder etwas Regen – regional sehr unterschiedlich. Aber im Allgemeinen hatten die Trauben wenig Trockenstress. Der Südwind hat allerdings die Trauben noch weiter eingetrocknet, sodass die ohnehin schon kleine Ernte nochmals reduziert wurde. Die Ernte anfangs September konnte bei idealen Bedingungen eingebracht werden.
Der heisse Jahrgang zeigt sich vorwiegend im perfekten Reifegrad der Trauben. Dennoch sind sämtliche Weine, die wir probiert haben, auf der eleganten Seite. Es ist zwar immer eine wunderbare Extraktsüsse im Spiel, aber niemals so, dass die Weine breit oder schwer werden, überall ist eine sagenhafte Frische mit im Spiel, dies sowohl bei Rot- wie auch bei Weissweinen. Weine, die wir zu Hause verkosten konnten, haben wir teilweise über mehrere Tage verfolgt. Da haben wir bei einigen Weinen Unglaubliches erlebt: Schon am zweiten und noch mehr am dritten Tag sind diese geradezu explodiert. Sie waren ja bereits kurz nach dem Öffnen der Flasche sehr offen und zugänglich. Aber in den Folgetagen boten sie schon Trinkgenuss wie ein 20 Jahre alter, voll ausgereifter, grosser Burgunder und dies, obwohl immer noch die pure Jungweinaromatik vorherrschte. Diese 2019er bieten alles, was sich Burgund-Liebhaberinnen und - Liebhaber nur wünschen können: klassische Eleganz, betörende Fülle und spektakulären Hochgenuss – und das vermutlich auch schon recht früh nach der Füllung.
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Burgund Jahrgang 2018
Für viele Winzer der bisher grösste unter den grandiosen Jahrgängen der letzten Jahre.
Die Weine zeigen stilistisch ziemlich viele Ähnlichkeiten mit den 2017ern, insbesondere die Rotweine. In der Regel sind es makellose Weinschönheiten. Kritiker empfinden die Weine als fast ein bisschen zu schön, zu lieb, zu anschmiegsam.
Wir können dem nicht beipflichten. Max Gerstl: «Erfahrungsgemäss greife ich selber sehr gerne und oft zu Weinen ohne Ecken und Kanten, die 90er und 91er Burgunder etwa, oder die 82er, 85er, 89er oder 90er Bordeaux. Klar, ich liebe zur Abwechslung auch mal Weine mit mehr Spannung, aber wenn ich ehrlich bin, sind es halt die perfekten Weinschönheiten, die für meinen persönlichen Geschmack das höchste der Gefühle sind. So zählt denn 2018 ganz klar zu meinen absoluten Lieblings-Jahrgängen im Burgund, zumindest bei den Rotweinen. Die Weine zeigen nebst ihrer makellosen Schönheit durchaus auch Charakter und Tiefe; der angebliche Makel ist, dass man keinen Makel findet.»
Bei den Weissen bleibt für uns nach wie vor 2017 das Mass aller Dinge, die zeigen bei gleicher Perfektion noch einen Hauch mehr Rasse. Aber die 2018er sind da ganz nahe dran, wir haben auch jede Menge grandiose weisse 2018er probiert. Der winzige Hauch Spannung, der vielleicht manchen fehlt, wird wohl nur im Vergleich mit 2017 offenbar. 2018 ist auch für Weissweine ein hervorragendes Jahr, es gibt sogar ein paar Ausnahme-Weine, die mit den 2017ern auf Augenhöhe sind.
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Burgund Jahrgang 2017
Bilderbuch-Jahrgang mit Weinen von einzigartiger Schönheit.
10 Tage waren wir im Burgund unterwegs, um diesem Jahrgang auf den Zahn zu fühlen und – das können wir vorwegnehmen – wir haben selten so uneingeschränkt Freude am Probieren gehabt. Die Weine sind so herzerfrischend unkompliziert, sie bieten fast uneingeschränkten Trinkgenuss, egal ob es sich um einen «einfachen» Bourgogne oder um einen noblen Grand Cru handelt.
Ganz ausserordentlich gefielen uns viele Basisweine. Die besonders gute Nachricht ist, dass es im Burgund immer mehr hervorragende Weine gibt, die durchaus erschwinglich sind. Die Spitze wird zwar immer rarer, weil die Weine weltweit immer begehrter werden. Aber sehr viele Basisweine befinden sich mittlerweile auch auf einem extrem hohen Niveau und bereiten so oft fast genau so grossen Genuss.
Die Weissweine: Die weissen 2017er kann man am ehesten mit dem Jahrgang 2014 vergleichen, wobei die 17er bei gleicher Rasse deutlich cremiger und charmanter sind. Max Gerstl ist der Meinung, dass 2017 der grösste Weissweinjahrgang im Burgund ist, zumindest seit Mitte der 80er-Jahre, seit er die Weine im Burgund regelmässig ab Fass probiert. Am eindrücklichsten zeigte sich das bei Leflaive, diese Weine waren einfach nochmals eine andere Dimension, sprengten jede Punkteskala.
Die Rotweine: Hier sind die 2017er nach Einschätzung von Max Gerstl eine Mischung aus 1990 und 1991, sie haben die Süsse von 1990 und die Frische von 1991. Es sind – wie 1990 – Weine mit relativ hohen Erträgen, sie haben somit nicht die Konzentration von 2016, dennoch sind sie zumindest ebenso gut. Es sind unkomplizierte, offen zugängliche Weine, die ein Maximum an Trinkfreude bieten. Aber sie haben durchaus auch Tiefgang. Kurz, die 2017er-Rotweine reihen sich nahtlos in die grossen Jahrgänge 2014, 2015 und 2016 ein.
So viel Charme und sinnliche Ausstrahlung wie 2017 hatte allerdings keiner der vorangegangenen Jahrgänge.
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Burgund Jahrgang 2016
Einer der allergrössten, aber auch rarsten Jahrgänge.
Wie in Bordeaux und in Deutschland hat der Jahrgang 2016 auch im Burgund besonders raffinierte Weine hervorgebracht. Die Stilistik der Weine hat eine geradezu frappante Ähnlichkeit mit den beiden erwähnten Gebieten. Im Burgund sind die Weine insgesamt etwas feiner als die 2015er, aber den Genuss schmälert das in keiner Art und Weise, vielleicht sogar im Gegenteil. Die überschwänglichen 2015er sind auf den ersten Blick beeindruckender, aber die Freaks werden wohl die extrem raffinierten 2016er bevorzugen. Der Wermutstropfen liegt bei den kaum verfügbaren Mengen.
Die Winzer wurden 2016 mit allen Widrigkeiten konfrontiert, die es gibt. Von Frost über Hagel bis zu diversen Krankheiten hat die Natur alles ausgepackt, was einem Winzer das Leben schwer macht. Harte, akribische Arbeit im Rebberg wurde aber am Schluss mit hervorragenden Qualitäten belohnt. Entstanden ist ein Jahrgang, der qualitativ in der Spitze ganz klar zu den allergrössten in der Geschichte des Burgunds gehört. Mengenmässig gibt es im Durchschnitt leider bestenfalls eine halbe Ernte. Die Mengen sind aber je nach Region sehr unterschiedlich. Einzelne Betriebe haben im Durchschnitt gerade mal 5hl pro Hektar geerntet, ganz wenige konnten hingegen sogar eine Normalernte einbringen.
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Burgund Jahrgang 2015
Geniale Weine dank optimalem Klima.
Für die grössten Weinfreaks ist Burgund das Höchste, was es gibt. Die Feinheiten eines grossen Burgunders sind durch nichts zu übertreffen. Mehrheitsfähig werden diese filigranen Gewächse allerdings nie, weder die weissen und schon gar nicht die roten. Der Hauptgrund liegt wohl darin, dass der durchschnittliche Weinfreund an einen grossen Wein die Erwartung knüpft, dass dieser ihn mit Kraft und Fülle beeindruckt. Ein grosser Burgunder lebt aber immer in erster Linie von seiner Finesse. Mit anderen Worten bedeutet das: maximale Kraft bei gleichzeitig maximaler Leichtigkeit.
Dieser Spagat gelingt nur den ganz grossen Weinen dieser Welt. Und er gelingt wohl keinem anderen Rotwein besser als einem grossen Pinot Noir aus dem Burgund. Wenn dann wie 2015 ein Jahrgang der Superlative mit optimalen klimatischen Bedingungen dazukommt, dann schlägt das Geniesserherz von erwartungsvollen Weinfreundinnen und Weinfreunden nicht nur höher, sondern es vollführt veritable Freudensprünge und Begeisterungssaltos.
Auf einen extrem warmen und feuchten Winter folgte ein ziemlich normaler, ausgeglichener Frühling. Die Blüte anfangs Juni verlief absolut ideal. Mitte Juni etwas nass, aber das war durchaus hilfreich, denn danach folgte eine längere, extreme Hitzeperiode. Anfang August gab es zum Glück wieder etwas Regen, was die Reife sehr unterstützte. Der Reifeprozess verlief zügig und unter idealen Bedingungen. So konnte relativ früh und bei idealen Wetterbedingungen geerntet werden.
2015 kann am ehesten mit 2005 verglichen werden, von der Stilistik der Weine her auch etwas mit 1991, obwohl damals völlig andere, viel schwierigere Wetterbedingungen zu diesem überraschend schönen Ergebnis geführt haben. Im Jahr 2015 widerspiegeln die Weine ihre problemlose Kindheit mit ihrem fröhlichen Auftritt. Wermutstropfen sind die zum Teil massiv geringeren Mengen als im Vorjahr mit den somit entsprechend höheren Preisen.
Wie in allen klassischen Weinbaugebieten Europas zeigen auch die Burgunder im Jahrgang 2015 diesen offenherzigen, superleckeren Auftritt. Die Weine zeigen sich ideal ausgereift, total rund, ohne Ecken und Kanten, dennoch spannend, klassisch, nicht breit oder mollig, sondern rassig und elegant. Es sind kurz gesagt ganz einfach Weine, die man lieben muss, Weine, die alles bieten, was man von einem grossen Burgunder erwartet.
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Burgund Jahrgang 2014
Grosse, klassische Weine mit enorm viel Charme.
2014er sind klassische Weine von einem insgesamt eher kühleren Jahrgang, der aber auch heisse Perioden hatte, die zu einer hohen Grundreife führten. Die Weine zeigen deshalb einerseits frische Frucht und tolle Rasse, anderseits aber auch schöne Extraktsüssen und cremigen Schmelz; sie präsentieren sich sehr offen, harmonisch, sind zugänglich, unkompliziert und haben in aller Regel enorm viel Charme.
Die Wetterbedingungen haben bekanntlich einen grossen Einfluss auf die Aromatik eines Weines. So schmeckt ein Wein, dessen Trauben in einem heissen Jahr gewachsen sind, völlig anders als einer aus einem kühlen Jahr. Jeder Tag während der Reifephase der Trauben hat einen Einfluss auf die Aromenbildung. Im Jahr 2014 gab es einen sehr heissen Frühling mit Temperaturen bis 24 Grad schon im Mai und bis 35 Grad im Juni. Zudem war alles ausserordentlich früh, sodass schon wieder eine Ernte Ende August befürchtet werden musste. Ein kühler, nasser Sommer verlangsamte die Reifung der Trauben dann aber stark, aus Sicht der Winzer sogar extrem stark. Ende August – gerade noch im richtigen Moment – stellte sich wunderbares Herbstwetter ein. Die Qualität des Jahrgangs war gerettet. Allerdings nur dann, wenn der Winzer seine Arbeit im Rebberg optimal gemacht hatte.
Um einen Jahrgang qualitativ einzuordnen, überlege ich mir zuerst, mit welchem früheren Jahrgang sich der aktuelle am ehesten vergleichen lässt. Wie immer ist auch 2014 ein Unikat. Die Rasse und die wunderbar frische Frucht erinnern etwas an 2013 oder 2010; der sanfte, überaus charmante Auftritt der Weine eher an 2011. Die 2014er sind deutlich konzentrierter als die 2011er, aber nicht ganz so extrem wie die 2012er. Insgesamt überzeugen sowohl die Weiss- wie auch die Rotweine durch Harmonie und Klarheit. Man kann ohne Einschränkung von einem grossen Burgunderjahr sprechen.
Damit man sich eine Vorstellung machen kann, wie diese Weine in ihrer schönsten Trinkreife einmal schmecken werden, versuche ich auch abzuschätzen, mit welchem gereiften Jahrgang der 2014er vergleichbar ist. Da kommt mir am ehesten das Jahr 1991 in den Sinn. 2014 riskiert wohl ebenso unterschätzt zu werden wie 1991, aber das ist nicht das Hauptmerkmal, das die beiden verbindet. Der 1991er ist genauso eine Mischung aus perfekter Reife und burgundischer Klassik. Die 1991er sind wohl eine Spur konzentrierter als die 2014er, dafür nicht ganz so klar und präzis. Die 1991er präsentieren sich erst seit wenigen Jahren in ihrer schönsten Genussreife. Die 2014er werden zweifellos nicht so lange brauchen, ich traue ihnen aber eine ähnliche Langlebigkeit zu. Ich bin mir bewusst, dass wohl nur wenige Weinfreunde in der glücklichen Lage sind, noch 1991er Burgunder im Keller zu haben. Aber wenn man weiss, was das für traumhafte Weinerlebnisse sind, ist das Motivation genug, um sich einige 2014er in den Keller zu legen.
Inzwischen spricht ja alles schon vom Jahrhundert-Jahrgang 2015. Einige Burgunder Produzenten lachen da auf den Stockzähnen, finden es zwar schön, dass 2015 in den Medien so hochgelobt wird, aber dem idealen Burgundergeschmack kommt ihrer Meinung nach 2014 näher als 2015. Wenn man sich einen Prototyp eines grossen klassischen Burgunders vorstellt, dann schmeckt der ziemlich genau so wie ein 2014er. Die 2015er werden wohl opulenter und konzentrierter ausfallen und entsprechend den Geschmack der Masse besser treffen, aber die echten Freaks werden 2014 mit Sicherheit immer vorziehen.
Wir dürfen mit einer schönen Portion Stolz sagen, dass «unsere» Burgund-Winzer einmal mehr fantastische Arbeit geleistet haben. Ihnen ist mit 2014 ein im besten Sinne «klassischer, grosser Jahrgang» mit extrem viel Charme gelungen! Offen gestanden berührten uns bei den Degustationen vor Ort sehr viele Weine ganz ausserordentlich – und zwar nicht etwa nur jene mit den grossen Namen.
Qualitätssteigerung, auch im Burgund
Während unserer Burgund-Reise im Oktober 2015 probieren wir die 2014er und erhalten da und dort Gelegenheit, zudem auch einen gereiften Wein zu verkosten. Selbst wenn diese gereiften Weine noch nicht besonders alt sind, scheinen sie aus einer anderen Epoche zu stammen. Denn vor 10 Jahren war bei den meisten Produzenten die Arbeit im Rebberg noch völlig anders als heute. Man begann sich zwar schon so langsam in Richtung biologischen Weinbau zu orientieren, aber von der heutigen akribischen Arbeit im Rebberg war man noch meilenweit entfernt. Zum Mittagessen servierte uns Thierry Mortet beispielsweise einen Gevrey-Chambertin Clos Prieur 2004 (17+/20, 2018–2028). Der Wein ist immer noch jung, macht aber viel Trinkfreude und wenn er sich positiv entwickelt, könnte er in 2–3 Jahren sogar zu einem 18-Punkte-Erlebnis werden. Oder auf Domaine des Lambrays öffnete uns Thierry Broin einen Clos des Lambrays 1989 (18/20, bis 2025). Ich hatte blind auf einen 1997er oder 2000er getippt, mit der Überlegung: «Der Wein ist am Anfang seiner schönsten Trinkreife, aber es ist kein grosser Jahrgang.» 1989 wäre eigentlich vom Potenzial her ein grosser Jahrgang, aber damals wurden der Rebbergsarbeit und der Traubenselektion noch vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Bei vergleichbaren Wetterbedingungen werden heute um Welten bessere Weine erzeugt. Früher wurden zweifellos viele unreife und auch faule Trauben mitgekeltert. In schwächeren Jahrgängen natürlich viel mehr als in guten, deshalb waren früher auch die Qualitätsunterschiede bei den verschiedenen Jahrgängen viel grösser als heute. Ich staune immer wieder, wie gut sich die Weine der früheren Generation trotz der unsauberen Arbeit noch präsentieren, wenn sie ihre Trinkreife erreichen. Man kann sich somit unschwer vorstellen, was wir von den heutigen mit Akribie und Hingabe erzeugten Weinen noch alles erwarten dürfen.
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Burgund Jahrgang 2013
Sehr hohe Qualität bei sehr geringen Mengen!
Die Top-Winzer zeigten auch beim Jahrgang 2013 wieder eindrücklich ihr grosses Können: Mit akribischer Arbeit in Rebberg und Keller gelang es den Besten, eine sehr hohe Weinqualität zu erzeugen. Der Wermutstropfen: Die Mengen sind äusserst gering.
2013 war ein schwieriges Jahr. Ein kühler, nasser Frühling führte zu einem späten Austrieb und zu Verrieselung. Auf einen heissen Sommer folgte ein regnerischer Frühherbst, doch dann folgte noch ein traumhafter Spätherbst. Dieses herrliche Wetter hat die Qualität gerettet. Allerdings nur bei den Produzenten, die bis zu diesem Zeitpunkt keine Mühe gescheut hatten. Geringe Erträge vorausgesetzt, konnten am Schluss doch noch gut ausgereifte und gesunde Trauben eingebracht werden.
Sowohl die Rot- als auch die Weissweine der Top-Produzenten erreichen einen sehr hohen Qualitätsstandard. Anne Morey, Tochter von Pierre Morey und heutige Besitzerin des Weingutes, vergleicht den Jahrgang 2013 mit 1993. Das ist für Rotweine ein guter Vergleich. Beides sind grosse, klassische Jahrgänge; 2013 ist eher etwas runder und eine Spur leichter und wird auch etwas früher genussreif sein. Bei den Weissweinen sind die 2013er deutlich besser als die 93er. Die 2013er haben eine gute Grundreife, sind aber eher auf der kühlen, frischen Seite, von feiner Rasse geprägt. Wir haben bei der Selektion vor allem darauf geachtet, dass das Gleichgewicht stimmt, dass die erfrischende Rasse durch eine schöne Extraktsüsse ausbalanciert wird. Und wir sind sicher, eine ausserordentlich spannende Weinpalette zusammengestellt zu haben. Die 2013er sind etwas konzentrierter und strukturierter als die charmanten 2011er, selbstverständlich etwas leichter als die bombastischen 2012er, aber sie werden sich in Sachen Trinkfreude nahtlos in die Reihe der grandiosen Weine der Vorjahrgänge einreihen.
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Burgund Jahrgang 2012
Die Experten sind sich einig: 2012 ist ein absoluter Spitzenjahrgang!
Nachdem ich alle Weine probiert hatte, fragte ich mich, wie wohl dieser Jahrgang von den Experten beurteilt wird. Ich habe nur einen kleinen Teil der Weine probiert, die 2012 im Burgund produziert wurden, aber immerhin die gesamten Paletten von 15 der allerbesten Produzenten. Daraus kann man zweifellos Schlüsse auf den Jahrgang insgesamt ziehen. Nach meiner ganz persönlichen Meinung ist 2012 ein Ausnahmejahrgang – und dies aufgrund folgender Erkenntnisse:
1. Die Trauben waren perfekt reif, köstlich süsses Extrakt in den Weinen ist Garant dafür.
2. Die Aromatik zeigte sich oft geradezu spektakulär vielfältig.
3. 2012 habe ich die wohl konzentriertesten Weine probiert seit Mitte der 90er-Jahre, seit ich das Burgund regelmässig bereise.
4. Und jetzt kommt der wichtigste Punkt: Trotz enormer Konzentration zeigten sich die Weine burgundisch leichtfüssig, elegant und harmonisch.
Klar, so ein Jahrgang bringt mich wieder in Verlegenheit in Sachen Bewertungen. Ich habe ja schon die 2011er hoch bewertet und jetzt kommen diese 2012er, die eigentlich jede Punkteskala sprengen. Aber mein Empfinden geht dahin, dass heutzutage Weine aus sogenannt kleineren Jahrgängen nicht viel weniger Trinkspass machen. Mehr Konzentration ist sicher auf Anhieb beeindruckender, und für mich persönlich braucht ein Wein sicher eine gewisse Konzentration, damit ich ihn als gross empfinde. Ich bin mir aber nicht so sicher, ob extrem konzentrierte Weine wirklich mehr Trinkfreude machen. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass etwas weniger konzentrierte Weine vom Verkoster etwas mehr Aufmerksamkeit fordern.
Wie schon im Vorjahr kann zusammenfassend gesagt werden, dass die Winzer auch im Jahrgang 2012 praktisch sämtliche möglichen Wetterkapriolen zu überstehen hatten. Am Ende zählt aber nur das Resultat. Das Ziel jedes Weinproduzenten ist es, perfekt reife und kerngesunde Trauben zu ernten. Wird das erreicht und gelingt es auch noch, Fehler im Keller zu vermeiden, sind grosse Weine das natürliche Resultat. Wir staunen auch immer wieder darüber, dass wir seit vielen Jahren jeweils zumindest von einem guten, meist aber von einem grossen Jahr berichten können. Dabei muss man sich bewusst sein, dass es heute im Vergleich zu früheren Zeiten einen ganz entscheidenden Unterschied gibt. Die Top-Produzenten betreiben heute einen riesigen Aufwand, um reife und gesunde Trauben zu ernten – das gab es in früheren Zeiten nicht einmal ansatzweise. Alleine diesem enormen Einsatz der besten Produzenten ist es zu verdanken, dass es heute keine kleinen Jahrgänge mehr gibt.
Trauben, die auf einem grossen Terroir gewachsen sind, perfekt ausreifen konnten und kerngesund sind, ergeben einen grossen Wein. Und alles, was im Laufe des Reifezyklus passiert, hat einen Einfluss auf die Aromatik eines Weines. Da fragt man sich natürlich, ob nicht unter dem Strich ein schwieriges Jahr mit all seinen verschiedenen Einflüssen am Schluss sogar spannendere Weine hervorbringt als ein Jahr mit ganz harmonischem Wetterverlauf. Was passiert, wenn wir dereinst bei voller Trinkreife beispielsweise die 2012er mit den 2009ern vergleichen? Ich glaube kaum, dass dabei einer der beiden Jahrgänge klar die Nase vorne haben wird. Die Weine werden zweifellos sehr unterschiedlich sein, aber einen eindeutigen qualitativen Vorteil wird wohl keiner der beiden Jahrgänge für sich beanspruchen können. Der grösste Unterschied liegt darin, dass es 2009 in der Summe mehr grosse Weine gab. Vergleicht man 2011 mit 2012, gibt es eigentlich nur einen grossen Unterschied, nämlich die Ertragsmenge. 2012 ist eine deutlich kleinere Ernte als 2011 – mit dem Resultat, dass die Weine von 2012 vielfach deutlich konzentrierter ausfallen. Dies natürlich vor allem dann, wenn der kleinere Ertrag bei der Traubenblüte durch Verrieselung entstanden ist. In diesem Falle muss der Rebstock während der ganzen Vegetationszeit weniger Trauben versorgen, was eine höhere Konzentration ergibt. Ganz anders ist es bei Hagelschäden, die am Ende des Zyklus zu Ernteausfällen führen. Dadurch wird die Qualität nicht besser, ganz im Gegenteil: Hier muss der Winzer durch akribische Arbeit sämtliche angeschlagenen Trauben entfernen, um zu verhindern, dass Fäulnis entsteht.
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Burgund Jahrgang 2011
Faszinierende Weine aus einem köstlichen Jahrgang.
Ein extrem warmes Frühjahr führte zur einer der frühesten Blüten im Burgund seit Menschengedenken. Im Juni wurde befürchtet, dass die Ernte bereits Mitte August stattfinden würde. Dann gab es glücklicherweise einen kühlen Sommer, das verlangsamte die Reifezeit und bewahrte die für einen grossen Burgunder so wichtige Säurestruktur. Mitte August wurde es nochmals richtig heiss und während der Ernte, die zwischen Ende August und Anfang September begann, herrschte meist trockenes Traumwetter.
Ich will nicht behaupten, dass 2011 der grösste Jahrgang ist, den ich je im Burgund degustiert habe. Dennoch hat mir noch nie zuvor eine Jahrgangsverkostung so viel Vergnügen bereitet. So offenherzig, so zugänglich, so raffiniert und so beschwingt und gleichzeitig so klassisch, gradlinig und präzis habe ich noch nie zuvor die Weine eines Jahrgangs erlebt. Kommt dazu, dass sich diese Attribute bei Weiss- und Rotweinen gleichermassen zeigten und auch bei sämtlichen Produzenten, die wir in unserem Sortiment führen. Ich habe lange überlegt, welchem Jahrgang diese Weine am ehesten gleichen, bin aber zu keinem Ergebnis gekommen. Da ist von diversen Jahrgängen etwas drin, ein wenig Opulenz von 2005 oder 2009, etwas Klassik von 2008 oder 2010 sowie etwas beschwingte Leichtigkeit von 2007. Der ungewöhnliche und extrem vielfältige Wetterverlauf widerspiegelt sich eins zu eins in den Weinen.
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Burgund Jahrgang 2010
Ein wunderbar klassischer Jahrgang.
Unsere Burgund-Reise vom 14. bis 20. Oktober 2011 war eine der schönsten in den letzten 15 Jahren, seit ich diese Weine regelmässig ab Fass probiere. Die Produzenten – bei denen wir teilweise vor 10–15 Jahren kaum gewagt hatten, überhaupt anzufragen, ob wir sie einmal besuchen dürften – sind inzwischen zu Freunden geworden.
Diese 2010er Burgunder zu verkosten, war einfach nur Vergnügen pur. Die schwierigste Aufgabe musste ich glücklicherweise nicht vor Ort lösen. Wenn das Herz entscheiden könnte, würde ich 80–90% der Weine kaufen, die wir probiert haben. Leider bin ich gezwungen, auch eine Prise Verstand in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen und kann so viel weniger als die Hälfte der probierten Weine einkaufen. Was dann noch bleibt, ist nach meiner Überzeugung eine der attraktivsten Burgunder-Selektionen, die wir je hatten. Nebst vielen grandiosen Weinen von unseren langjährigen Partner-Produzenten haben wir mit der Domaine Michèle & Patrice Rion und mit Olivier Jouan auch noch zwei sensationelle, für uns neue Weingüter entdeckt.
Die äusseren Bedingungen waren teilweise schwierig. Es war ein extrem kalter Winter mit Temperaturen bis zu –20°C und grossen Schwankungen, von –20°C bis +10°C in kürzester Zeit. Das hat den Reben teilweise arg zugesetzt. Das Frühjahr war so ziemlich klassisch, die zweite Hälfte Mai und die erste Hälfte Juni hingegen waren nasskalt, was zu Verrieselung und etwas uneinheitlichem Fruchtansatz führte. Das zwang die Winzer zu allerhöchster Präzision bei der Lese, wollten sie perfekt ausgereifte Trauben ernten. Das traumhafte Septemberwetter ermöglichte letztlich ein gutes Ausreifen der Trauben, die Winzer hatten Zeit, in mehreren Durchgängen stets nur perfekt reife Trauben zu lesen. Die Erträge waren sehr gering, die Konzentration entsprechend hoch.
Ich möchte nicht behaupten, 2010 sei der bisher grösste Jahrgang in dieser Zeit – 2005 und 2009 sind auch kaum noch zu übertreffen. Aber 2010 trifft meinen persönlichen Geschmack ganz genau auf den Punkt. Ich liebe die etwas schlankeren, präzisen, rassigen, gradlinigen und ausgeprägt mineralischen Weine ganz besonders. Wenn ich einen Prototypen eines perfekten Burgunders suchen müsste, würde ich ihn ganz sicher im Jahrgang 2010 finden – sowieso bei Weissweinen, wo 2010 ganz klar ein überragender Jahrgang ist, aber auch bei Rotweinen.
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Burgund Jahrgang 2009
Der Jahrgang!
Wie praktisch überall in Europa, ist 2009 auch im Burgund ein absolutes Ausnahmejahr. Es ist wieder einmal ein Jahrgang, mit dem man selbst die grössten Skeptiker vom Burgund überzeugen kann.
Die Weine sind am ehesten mit 2005 vergleichbar, sie zeigen enorme Konzentration, sehr viel Tiefe und Komplexität und vergessen dabei auch die burgundische Raffinesse nicht. Wie immer in grossen Jahren, haben auch weniger privilegierte Lagen grandiose Weine hervorgebracht. Es gibt eine grosse Zahl von Bourgogne- und Village-Weinen, die eine Qualität erreichen, die man noch vor wenigen Jahren selbst bei Grand Crus nur ganz selten fand. Vor allem bei diesen Weinen zeigen sich die Fortschritte eindrücklich, die im Burgund in den letzten Jahren gemacht wurden.
Fassproben können naturgemäss noch nicht die gleichen Emotionen auslösen wie reife Weine. Deren Schönheit ist zwar klar erkennbar, aber doch irgendwie noch verhüllt. So bin ich mir durchaus bewusst, dass ich auf meiner diesjährigen Reise ins Burgund eine grosse Zahl von Weinlegenden verkosten durfte – ein Privileg, das nur ganz wenigen Menschen vorbehalten bleibt. Dennoch vermute ich, dass diese Weine heute allgemein noch stark unterschätzt werden.
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Burgund Jahrgang 2008
Ein überaus spannender Jahrgang.
Es war ein ausserordentlich herausfordernder Jahrgang. Der Sommer war unbeständig, die Reife der Trauben war Ende August noch in weiter Ferne, diverse Hagelschläge verschlimmerten die Situation zusätzlich. Einzelne Produzenten begannen sich schon mit dem Gedanken zu beschäftigen, überhaupt keine Ernte einfahren zu können. Dann kam wirklich im letzten Moment der ersehnte Nordwind, der die Reben trocknete und schönes Herbstwetter brachte. Harte Arbeit bis zu diesem Zeitpunkt sollte sich doch noch auszahlen. Es hingen zwar nur noch wenige Trauben an den Stöcken, eine hoher Behang wäre auch nie mehr reif geworden, aber die reduzierten Bestände konnten noch sehr gut ausreifen, dank prächtigem Wetter bis in den Oktober hinein.
Unsere Degustationstour Ende Oktober war nicht ganz einfach. Wir trafen viele Weine an, die noch nicht einmal ihre Malo fertig gemacht hatten. Stark mit Kohlensäure belegte Weine waren die Regel. Einzelne Weine, die noch mitten in der Malo waren, haben wir im Februar nochmals nachprobiert. Wir haben jede Menge spannende Weine probiert, die zweifellos eine hohe Qualität erreichen werden. Sie werden sicherlich einiges an Flaschenreife brauchen, ausgereift versprechen sie aber Hochgenuss.
Die Topweine sind alle aus reifen Trauben gekeltert und reife Trauben von guten Lagen ergeben herrliche Weine. Diese 2008er haben dank hoher Konzentration und guter Grundreife eine grosse Zukunft vor sich. Sie werden nicht so schnell und einfach zugänglich sein wie die 2007er. Stilistisch gleichen sie eher Weinen von Jahrgängen wie 1988 oder 1996. Die Grundreife des Traubengutes ist aber deutlich höher als bei den zwei letztgenannten Jahrgängen, zumindest was die Spitzenprodukte des Jahrgangs 2008 anbetrifft. Diese Weine besitzen diese betörende Extraktsüsse, die doch viele 88er und 96er vermissen lassen. 2008 ist ein Burgunder Jahrgang, den der Weinfreundinnen und Weinfreunde keinesfalls verpassen sollten.
Heutzutage sind so genannt schwierige Jahrgänge qualitativ kaum von grossen Jahrgängen zu unterscheiden, ich habe sogar das Gefühl, dass Weine aus schwierigeren Jahren oftmals mehr zu bieten haben als solche aus den ganz grossen und somit für die Winzer einfacheren Jahren. Winzige Ecken und Kanten bringen ausserdem zusätzlich Lebendigkeit und Spannung in die Weine, das ist ebenfalls faszinierend.
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Burgund Jahrgang 2007
Fantastische Weissweine, aromatische Rotweine.
Nach den beiden grossen Jahrgängen 2005 und 2006 fuhr ich mit etwas gedämpften Hoffnungen ins Burgund. Ich wusste ja auch, dass der Sommer 2007 nicht optimal war. Von Mitte Juni bis Ende August hat es im Durchschnitt praktisch jeden zweiten Tag geregnet. Ende August war die Stimmung unter den Produzenten im Burgund an einem Tiefpunkt angelangt. Aber wer bis dahin nicht aufgegeben hat, wer die aufwändige Arbeit des ständigen Ausdünnens auf sich genommen hat, wurde letztlich doch noch belohnt. Im September herrschte ausschliesslich strahlendes Herbstwetter. So haben denn 3 Faktoren dazu geführt, dass die Spitzenproduzenten erneut traumhafte Weine im Keller haben. Der extrem warme Frühling, der dafür sorgte, dass die Vegetation Mitte Juni sage und schreibe drei Wochen Vorsprung hatte, der traumhafte Herbst sowie der enorme Einsatz der Winzer.
Die Rotweine: von wunderschöner Aromatik, vergleichbar mit dem Jahrgang 1990.
Die Rotweine sind ähnlich wie in Bordeaux von perfekter Reife, etwas schlanker als in einem ganz grossen Jahr, aber ungemein aromatisch und extravertiert. Die Weine singen, sind von fröhlicher, beschwingter Art und bieten ein selten gesehenes Trinkvergnügen. Ich vergleiche sie am ehesten mit 1990. Ein gewagter Vergleich, nicht wahr? Aber ich hatte das Glück, dass ich in letzter Zeit ziemlich viele 1990er Burgunder verkosten durfte. Das sind durchs Band weg herrliche Weine (zumindest jene von Top-Produzenten), aber es sind auch keine Konzentrations-Weltmeister, das müssen grosse Burgunder auch nicht unbedingt sein. Auch die 90er sind eher schlank, aber köstlich süss, ungemein aromatisch und von einer liebenswürdigen Offenheit. Es ist kein Zufall, dass mir während der Verkostung der 2007er unzählige Male die 1990er in den Sinn gekommen sind.
Die Weissweine: Wie im Bordeaux und in Deutschland ist 2007 ein ganz grosser Jahrgang!
Die Weissweine sind erstaunlicherweise ganz anders, im Burgund fällt mir kein vergleichbarer Jahrgang ein. Hingegen ist mir sehr oft Riesling 2007 in den Sinn gekommen. Sie haben das sicher auch schon erlebt, liebe Kunden, irgendein Duft oder ein Geschmack erinnert Sie plötzlich an etwas, an das Sie im Moment überhaupt nicht gedacht haben, das kann sogar aus früher Kindheit stammen, der Duft von Tomaten, die Sie im Ofen dämpfen, vermischt mit feinen Kräutern, im Moment wo Sie die Ofentüre öffnen, sehen Sie Grossmutters geniale Lasagne vor sich. Genau so erinnerten mich viele weisse Burgunder 2007 an die Grossen Gewächse Riesling, die ich im August in Wiesbaden verkostet hatte. Vor allem diese feine, cremige, aber ungemein rassige Säurestruktur der Weine sowie der schlanke, aber köstlich aromatische Auftritt. Wenn man die Weine mit früheren Burgunder Jahrgängen vergleichen will, muss man gleich drei davon bemühen: 2007 vereint die Rasse von 2004 mit der Fülle von 2006 und dem Schmelz von 1997.
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Burgund Jahrgang 2006
Klassisches Burgund in unvergleichlicher Perfektion.
Keine Frage: Der Jahrgang 2006 steht im Burgund dem grossen 2005er qualitativ in nichts nach. Das ist nicht nur meine persönliche Meinung, nachdem ich Hunderte von Weinen degustiert habe, sondern auch jene von vielen Weingutsbesitzern, Kellermeistern und Weinkritikern.
Ich habe den Jahrgang 2006 so intensiv und nah verfolgt wie noch keinen anderen Jahrgang zuvor. Schon bei der Ernte war ich mehrere Tage im Burgund, um ganz genau hinzuschauen, wer auf welche Art arbeitet. Ich habe zum Teil enorme Unterschiede gesehen. Gewisse Weingüter arbeiten richtiggehend pingelig, da wird nichts dem Zufall überlassen. Andere hingegen lassen da und dort fünf gerade sein. Es versteht sich von selbst, dass wir nur mit denen zusammenarbeiten, die alles ganz genau nehmen. Einigen von ihnen konnten wir denn auch schon kurz nach der Ernte die ersten Einschätzungen des Jahrgangs 2006 entlocken. Wir kamen mehr oder weniger schon damals immer etwa dasselbe zu hören: 2006 wird ein grosser, klassischer Jahrgang.
Die Hauptmerkmale des Wetterverlaufs des Jahres waren die grosse Hitze von Mitte Juni bis Ende Juli, der extrem kühle und regnerische August sowie der schöne und nahezu trockene September. Die Hitze hatte zu diesem frühen Zeitpunkt noch keinen negativen Einfluss. Perfekt bearbeiteten Rebbergen mit kontrollierten Erträgen fügte auch der regnerische August keinen Schaden zu. Der fast perfekte September sorgte dann dafür, dass es doch noch einen richtig guten Jahrgang gab. Wenn die auf das Wochenende vom 23./24. September prognostizierten, massiven Niederschläge tatsächlich eingetroffen wären, hätte es wohl den Teil der Ernte, der bis dahin nicht eingebracht war, praktisch vernichtet. «Wir hatten ein unglaubliches Glück,» meinte Pierre Morey, «die auf das letzte Septemberwochenende angekündigte Niederschlagsfront hat sich quasi zweigeteilt und hat ihre sintflutartigen Regenfälle rechts und links vom Burgund niedergelassen.» Nathalie Tollot findet in den Weinen gar ähnliche Charakteristiken wie im grossen Jahrgang 2005.
Während der Ernte war ich 3 Tage im Burgund unterwegs, um ein wenig hinter die Kulissen zu schauen. Es sollten drei der erlebnisreichsten und informativsten Tage in meiner Karriere als Weinhändler werden. Von der befürchteten Hektik weit und breit keine Spur. Wir fanden im Gegenteil überall eine entspannte und fröhliche Stimmung vor. Nicht selten war die Lesetruppe singend an der Arbeit. Wir waren bei praktisch allen unseren Produzenten in den Rebbergen und Kellern, haben uns mit den Winzern selber, aber auch mit Kellermeistern, Rebmeistern und Erntehelfern unterhalten. Bei Marc Morey haben wir bereits die noch unvergorenen oder sich teilweise ganz am Anfang der Gärung befindlichen Moste seiner Weissweine probiert. Auch das war ein spannendes Erlebnis, selbst im süssen Traubensaft kann man schon Unterschiede feststellen. Ich habe mir jedenfalls schon mal den Virondeau vorgemerkt und bin gespannt, ob auch der fertige Wein so überragend gut schmecken wird.
Besonders beeindruckt war ich von der geradezu pingelig genauen Arbeit auf der Domaine Guyon. Andernorts sah ich eine Erntemaschine am Werk und bin froh, dass ich den Wein nicht probieren muss. Man muss einmal gesehen haben, mit welch leidenschaftlicher Sorgfalt beispielsweise ein Thierry Mortet seinen «einfachen» Bourgogne in kleinen Plastikkisten erntet. Da kommt schon kaum eine faule Beere überhaupt im Keller an, und dennoch geht da nochmals alles über den Sortiertisch. Es gibt aber leider auch den Winzer, der die Trauben seines Echézeaux lieblos und unsortiert in eine riesige Wanne wirft, darin wimmelt es dann von faulen Trauben, Blättern und allen möglichen Käfern, die wohl mit zu Wein verarbeitet werden... Bei «unseren» Produzenten könnte ich ausnahmslos blind kaufen, ohne die Weine überhaupt zu probieren, nur schon auf Grund der Trauben, die ich gesehen habe.
Ein ganz besonders interessantes Gespräch hatten wir mit Jean-Claude Bidault, dem Rebmeister der Domaine Leflaive. 2006 war seine 32. und letzte Ernte, Ende Jahr wird er pensioniert. Ich habe selten jemanden dermassen begeistert von der Biodynamie erzählen gehört. «Die Menschen, die im Rebberg arbeiten, profitieren von einer ganz anderen Lebensqualität», wusste er uns zu erzählen. «Als wir vor 15 Jahren damit begonnen haben, waren wir sehr skeptisch, aber heute sind bei uns restlos alle von dieser Art, mit der Natur zu arbeiten, begeistert. Unsere Trauben sind gesünder und besser ausgereift als diejenigen von Nachbarn, die nicht biologisch arbeiten. In den letzten 4-5 Jahren musste bei uns z.B. praktisch nichts mehr chaptalisiert werden.»
Auf der Domaine des Lambrays haben wir mit den Erntehelfern gegessen. Der charmante 80-jährige Mann aus Deutschland, der mit uns am Tisch sass, entpuppte sich als Günter Freund, der Besitzer des Weingutes. Es war ein eindrückliches Erlebnis, diesen Mann kennen zu lernen und mitzuerleben, mit welcher Bescheidenheit sich der schwerreiche Mann unter die Erntehelfer mischte, mit welchem Hochgenuss er seinen Wein trank und welche Lebensfreude dieser Mann ausstrahlte. Seine Bescheidenheit legt Herr Freund lediglich zur Seite, wenn es um die qualitative Bewertung seiner Weine geht. «Der Clos des Lambrays ist in den letzten Jahren immer der beste Wein vom Burgund, höchstens Romanée-Conti macht da und dort einmal einen gleichwertigen», ist er überzeugt.
Am Sonntag 4. November 2007 bin ich auf der Reise ins Burgund, um die inzwischen füllfertigen oder teilweise bereits abgefüllten 2006er zu probieren. Am Abend zuvor konnte ich mich bei einer legendären Burgunder-Probe auf die Burgund-Woche einstimmen. Das Hauptthema des Abends waren die 14 Top-Weine des Spitzenjahrgangs 1990. Da gab es mit den beiden Clos de la Roche von Dujac und Ponsot sowie dem Bonnes Mares von Dujac drei 20-Punkte-Legenden sowie diverse grandiose 19-PunkteErlebnisse wie Echézeaux und Romanée St. Vivant DRC; Chambertin, Armand Rousseau; und Grands Echézeaux und Richebourg, Gros F&S. Zum Abschluss kosteten wir noch einen eindrücklichen Grands Echézeaux 1964 von Leroy SA, der alle Weine des Abends überragte und im Vergleich eigentlich mit 21 Punkten bewertet werden müsste. Da kommen wir zum bekannten Problem. Die grössten Weine des Jahrgangs 1990 waren lange Zeit das Mass aller Dinge, und aufgrund der Qualität solcher Weine ist mein Bewertungssystem aufgebaut. Bloss: Aus heutiger Sicht verdient vielleicht gar kein 1990er die 20 Punkte. Weil sie weder die Perfektion des erwähnten 64ers, noch jene der ganz grossen 2005er und 2006er erreichen. Das zeigt genau die immensen Qualitätsfortschritte, die in den letzten 10 Jahren im Burgund gemacht wurden. Dadurch, dass ich die Burgunder seit 15 Jahren regelmässig ab Fass probiert habe, erlebte ich diesen Fortschritt hautnah mit und kann das riesige Potenzial der 2006er abschätzen. Ich bin ganz sicher, dass sie qualitativ zumindest auf der Stufe der 1999er und 2002er sind, aber ich stufe einige eher noch höher ein.
Und ich traue mich kaum, es zu schreiben, aber persönlich ziehe ich diverse 2006er sogar den grandiosen 2005ern vor, weil 2006 ganz einfach das klassische Burgund in einer Perfektion wiedergibt, wie ich es bisher noch in keinem Jahrgang erlebt habe.
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Burgund Jahrgang 2005
Ein fantastischer Jahrgang!
Zumindest ein paar Flaschen davon zu haben – und es müssen nicht einmal teure sein – erhöht die Lebensqualität entscheidend. Ich war in letzter Zeit mehr als einmal im 7. Himmel mit einem Weinjahrgang. Bordeaux 2005, Riesling 2005, Riesling 2006, da sind Weine in einer kaum je zuvor gesehenen Perfektion entstanden. Wenn es etwas gibt, das vielleicht sogar noch etwas aussergewöhnlicher ist, dann Burgund 2005.
Die Weine im Burgund haben ähnliche Qualitäten wie die 2005er in Bordeaux und in Deutschland. Der perfekte Reifegrad der Trauben ist auch hier die Basis für grandiose Weine. Dazu kommt auch hier die sagenhafte Frische, die den Weinen die betörende Raffinesse verleiht. Burgund 2005 ist ein Muss für jeden Weinfreund. Sie müssen auch hier nicht um jeden Preis die teuersten Grand Crus kaufen, um in den Genuss grosser Weine zu kommen. In einem grossen Jahr wie 2005 gibt es auch von Villages- und Bourgogne-Lagen Weine, die alles bieten, was das Herz des Weinliebhabers höherschlagen lässt.
In den 80er- und 90er-Jahren hatte ich öfters das Vergnügen, einen 1959er Burgunder zu trinken. Ich hatte festgestellt, dass man einfach jeden Burgunder dieses Jahrgangs kaufen kann, mit mindestens 80% Trefferquote. So hoch war der Anteil an zumindest sehr guten, oft aber schlicht phänomenalen Weinen. Und das Erstaunlichste daran: Nicht selten boten einfache Villages-Weine einzigartige Weinerlebnisse; manchmal waren es sogar Händlerabfüllungen von Produzenten, deren Namen ich weder vorher noch nachher jemals wieder gehört hatte. Ich will jetzt nicht unbedingt den 1959er mit dem 2005er vergleichen, stilistisch stimmt der Vergleich nicht, sicher aber qualitativ. Wobei hier zu betonen ist, dass 2005 vor allem die Top-Produzenten hervorragende Weine erzeugt haben. 1959 gab es von Natur aus praktisch keine hohen Erträge, während 2005 noch längst nicht alle das Problem der Überproduktion gelöst haben. Bei den Spitzenproduzenten (wir bieten selbstverständlich nur Weine von ihnen an) ist meist schon der einfache Bourgogne eine Offenbarung.
Im Burgund bleiben die Preise ziemlich stabil, auch bei sehr grosser Nachfrage. Dafür verschärft sich das Problem der zu kleinen Mengen umso mehr. Die Nachfrage nach Burgundern des Jahrgangs 2005 wird wohl noch nie gekannte Ausmasse annehmen. Wenn man die Burgunderpreise mit denjenigen der teuersten Bordeaux 2006 vergleicht, wird endgültig klar, warum sich alles aufs Burgund stürzt. Die Produktion eines Grand Cru im Burgund ist um ein Vielfaches kleiner als die eines Premier Crus von Bordeaux. Wenn man das zusätzlich in Betracht zieht, sind heute die Burgunder-Preise geradezu günstig.
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Burgund Jahrgänge vor 2005
Max Gerstl
Max besorgt den Einkauf bei den Weingütern und schildert seine Erlebnisse/Eindrücke voller Leidenschaft in periodisch erscheinenden Mailings. Die grossen Weine Europas und die schönsten Trouvaillen sollen auf dem direktesten Weg vom Weingut in die Keller unserer Kundschaft.